05.04.2017 5:08
...aber ich gebe ja, nicht um etwas zu bekommen. Er steht also da heute wieder am Eingang des Supermarkts und grinst schon von Weitem, als ich auf ihn zu laufe. Ein netter Mann mittleren Alters, fremdländisch mit leicht dunkler Hautfarbe, vielleicht aus Peru? Ich sage, ich kaufe nachher gleich Dein Heft. Nach meinen Erledigungen will ich ihm das Kleingeld, das ich mir während des Einkaufs schon zurecht gelegt habe geben. Da tut er ganz geheimnisvoll: "Warte ich hab was für Dich!"
Jetzt bin ich neugierig. Er holt eine Tafel Schokolade aus seiner Tasche. Ich erschrecke - oh nein, ich will doch nix dafür, dass ich ihm was gebe... Er: "Doch, du immer viele viele liebe..." Ich versuche mich rauszuwinden, vergeblich. Ok, dann muss ich das Geschenk wohl annehmen. Ich freu mich und doch ist es schwierig für mich. Denn wenn ich geschenkt habe, ohne etwas zu erwarten, dann will ich doch auch nichts zurück haben. Aber, den anderen würde ich dann auch verletzen, wenn ich sein Geschenk nicht annehme?
Das ist das Schwierige an Geschenken, es scheint einen geheimen Kodex von Verpflichtung oder Pflichtgefühl oder Ausgleich, der dahinter steht, zu geben? Meine Meinung ist zwar, dass das Universum einen Ausgleich findet. Und in dem Moment, in dem ich wirklich und von tiefsten Herzen schenke, erwarte ich absolut nichts zurück. Denn alles andere ist ja eine Art Tauschgeschäft oder Handel, der für mich so nicht funktioniert. Denn bei einem Handel sind zwei Partner beteiligt, die ja beide entscheiden können, ob sie mitmachen wollen... Aber oft wollen die Menschen einen Ausgleich schaffen.
Und auch habe ich schon oft erlebt, dass ich auch im Dienste meiner Aufgabe Dinge erledige und ich unmittelbar Geschenke zurück erhalte. Das Resonanzgesetzt bringt also auch Geschenke zu mir zurück. Und so muss auch ich lernen, nicht nur zu geben, sondern auch anzunehmen...
Spannendes Buch, was schon lange bei mir auf dem Schreibtisch liegt: Die Gabe von Marcel Mauss. Form und Funktion des Austauschs in archaischen Gesellschaften. Suhrkamp Taschenbuch Wissenschaft 743. 10. Auflage 2013
Ist zwar wissenschaftlich geschrieben und doch verständlich. Einige sehr interessante Aspekte zum Thema Geschenke...
Ich freu mich auf Dich, Deine
Claudia Schimkowski